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Haftung des Erwerbers eines KG-Anteils für zurückgezahlte Hafteinlagen

OLG Hamm, Urteil vom 11.6.2018 – I-8 U 124/17

Der Insolvenzverwalter über das Vermögen eines in die Insolvenz gefallenen Schiffsfonds, der als Publikums-GmbH & Co. KG organisiert war, verlangt auf Basis von Außenhaftungsansprüchen von einem Gesellschafter die Rückzahlung gewinnunabhängiger Ausschüttungen aus den Jahren 2002 bis 2007, die die KG an dessen Rechtsvorgänger gezahlt hat. Der in Anspruch genommene Gesellschafter erwarb den Kommanditanteil von dem Rechtsvorgänger erst im Jahre 2009.

Nachdem der Beklagte einen Teilbetrag der gewinnunabhängigen Ausschüttungen zurückgezahlt hatte, gab das Landgericht erstinstanzlich der auf Zahlung restlicher 16.500,- € nebst Rechtshängigkeitszinsen gerichteten Klage in vollem Umfang statt. Dagegen legte der Beklagte – im Ergebnis ohne Erfolg – Berufung ein.

Das Berufungsgericht folgt hierbei der Auffassung des Landgerichtes, dass sich die geltend gemachte Hauptforderung aus §§ 171, 172 Abs. 4 HGB in Verbindung mit den berechtigten Insolvenzforderungen ergebe und der Beklagte als Kommanditist die Zahlung des Betrages zur Masse schulde, mit dem er hafte und der zur Befriedigung der Gläubiger benötigt werde. Die Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 31.500,00 €, die die Insolvenzschuldnerin in den Jahren 2002 bis 2007 an den Rechtsvorgänger des Beklagten geleistet habe, führten gemäß § 172 Abs. 4 S. 1, 2 HGB zu einem Wiederaufleben der nach § 171 Abs. 1 HGB zunächst erloschenen Kommanditistenhaftung.

Eine insoweit schädliche Rückzahlung der Einlage im Sinne von §  172 Abs. 4 S. 1 HGB sei nach Auffassung des Berufungsgerichtes jede Zuwendung an einen Kommanditisten, durch die dem Gesellschaftsvermögen ein Wert ohne entsprechende Gegenleistung entzogen werde. Darunter würden auch (im Gesellschaftsvertrag vorgesehene) Ausschüttungen fallen, wenn die Zahlung nicht aus dem Gewinn geleistet werden könne und das Kapitalkonto unter die bedungene Einlage herabmindert sei bzw. eine bestehende Belastung vertieft werde. Auch die Entnahme von Gewinnanteilen sei nach haftungsschädlich, wenn der Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert sei oder soweit er durch die Entnahme unter den bezeichneten Betrag herabgemindert werde. Der Insolvenzverwalter habe im Prozess nur die Tatsache geschehener Zuwendungen an den Kommanditisten zu belegen, während der Kommanditist zu beweisen habe, dass die Zuwendungen haftungsunschädlich waren. Diesen Nachweis habe der Insolvenzverwalter nach Auffassung des Berufungsgerichtes durch Vorlage der Bilanzen der Geschäftsjahre 2002 bis 2012 geführt, ohne dass der Beklagte dem substantiiert entgegengetreten wäre.

Das Berufungsgericht führt ferner aus, dass den Beklagten, der als Kommanditist in das Handelsregister eingetragen wurde, gemäß § 173 HGB die zu Lasten seines Rechtsvorgängers begründete Haftung treffe. Soweit eine Haftung nach §§ 171, 172 Abs. 4 HGB voraussetze, dass zur Insolvenztabelle angemeldete Forderungen von Gläubigern mindestens in Höhe des geltend gemachten Haftungsbetrages bestehen, sei auch diese Voraussetzung erfüllt. Der Kläger habe durch Vorlage der Insolvenztabelle hinreichend dargetan, dass und in welcher Höhe Forderungsanmeldungen erfolgt seien. Im Umfang der jeweils widerspruchslos festgestellten bzw. für den Ausfall festgestellten Insolvenzforderungen stehe auch deren tatsächliches Bestehen fest. Denn der widerspruchslosen Feststellung von Forderungen zur Insolvenztabelle komme auch im Verhältnis zu dem auf seine Haftsumme in Anspruch genommenen Kommanditisten die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils zu.

Die Geltendmachung der danach grundsätzlich bestehenden Haftung durch den Insolvenzverwalter hängt nach Auffassung des Berufungsgerichtes auch nicht von einem Rückforderungsbeschluss der Gesellschafterversammlung ab. Der Insolvenzverwalter mache gemäß § 171 Absatz 2 HGB auf gesetzlicher Grundlage Außenhaftungsansprüche der Gesellschaftsgläubiger geltend. Aus dem gleichen Grund würden auch Einwände, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag oder aus Treuepflichten im Innenverhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern ergeben könnten, keine Rolle spielen.

Die Zahlung des Haftbetrages durch den Beklagten sei zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger erforderlich. Hierfür begründe bereits die Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine tatsächliche Vermutung, so dass die Darlegungs- und Beweislast einer fehlenden Erforderlichkeit den in Anspruch genommenen Kommanditisten treffe, während dem klagenden Insolvenzverwalter lediglich eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich des Bestandes der Masse zukomme.

Schließlich sei die Klageforderung auch nicht verjährt. Ansprüche aus §§ 171, 172 Abs. 4 HGB unterliegen der fünfjährigen Verjährung der §§ 159, 161 Abs. 2 HGB. Der Lauf der Verjährungsfrist beginne mit der Auflösung der Gesellschaft, vorliegend durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens im September 2013.

 

Hinweis:

§ 173 Abs. 1 HGB erfasst nach seinem Wortlaut lediglich die vor dem Eintritt des neuen Kommanditisten begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Da die Norm jedoch auf den Erwerber als Rechtsnachfolger eines veräußernden Kommanditisten angewandt wird, tritt dieser in die Rechtsstellung des Veräußerers ein und der Erwerber haftet in demselben Umfang, in dem der Veräußerer vor der Übertragung gehaftet hat.

Zur Frage eines Auflebens der Haftung ist über die vorliegende Fallgestaltung hinaus zu beachten, dass nach wohl noch überwiegenden Auffassung die Haftung (auch) des Altkommanditisten nach §  172 Abs. 4 HGB auflebt, wenn die Einlage nach dem Anteilserwerb haftungsbegründend an den Neukommanditisten zurückgezahlt wird.

Dies muss im Rahmen der Gestaltung von Verträgen zur Übertragung von Kommanditanteilen berücksichtigt werden.

Nach Glatteisunfall kein Schadensersatz für Hotelbesucher eines 5-Sterne-Hotels

Auch erhebliche Höhe des Streitwertes (35 Mio. EUR) begründet keinen Anspruch auf mündliche Verhandlung in der II. Instanz

KG Berlin, Beschluss v. 7.11.2017, Az. 4 U 113/15

Das Kammergericht Berlin bestätigte mit Beschluss vom 7. November 2017 die Entscheidung des Landgerichts, mit der die Schadensersatzforderung eines Geschäftsmannes wegen eines Glatteisturzes vor einem Berliner 5-Sterne-Hotel zurückgewiesen worden war.

Das Kammergericht bestätigte dabei die Auffassung des Landgerichtes, dass auch den Betreiber eines Luxushotels keine erhöhten Verkehrssicherungspflichten träfen. Vielmehr sei dieser wie jeder Anlieger lediglich verpflichtet, einen ca. 1,5 m breiten Streifen zu räumen und mit abstumpfenden Mitteln zu streuen, sofern sich aus den Umständen des Einzelfalls nichts Anderes ergäbe. Dies sei nur dann der Fall, wenn der Zugang zu Parkscheinautomaten, Notrufsäulen oder sonstigen Einrichtungen verlangen würde, einen Streifen an der Bordsteinkante zu streuen. Weitere Verkehrspflichten um das Hotel bestünden auch dann nicht, wenn es sich um ein großes 5-Sterne-Haus handele, soweit die Haupteingänge des Hotels ausreichend gesichert seien und eine sichere Tiefgarage zum Hotel gehöre.

Daneben betonte das Kammergericht, das auch ein erheblicher Streitwert nicht automatisch einen Anspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz begründe, sondern vielmehr die Berufung im Beschlusswege zurückgewiesen werden kann, wenn die Sache keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und die erstinstanzliche Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des angerufenen Gerichts oder weiterer Oberlandesgerichte abweicht. Der Kläger hatte insoweit vorgetragen, durch den Sturz sei ihm ein Geschäft entgangen, welches ihm die Aussicht auf einen Gewinn von 35 Millionen EUR geboten hätte. Das Gericht hatte danach den Streitwert auf den Höchstbetrag von 30 Millionen EUR gem. § 35 GNotKG festgesetzt, was zur Folge hatte, dass Gerichtskosten in Höhe von  325.000,00 EUR festgesetzt wurden, welche die Justizkasse erfolglos beim Kläger vollstreckt hatte. Das Gericht wies darauf hin, dass dem Kläger, der als Rechtsanwalt zugelassen war, das finanzielle Risiko einer solchen Klage hätte bewusst sein müssen, weshalb daraus keine Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung begründet würde.

 

weitergehend dazu:

www.berlin.de/gerichte/presse/pressemitteilungen-der-ordentlichen-gerichtsbarkeit/2017/pressemitteilung.650018.php

ZNP Praxisrunde: Quo vadis Zweckentfremdung? Aktuelle Entwicklungen im Zweckentfremdungsrecht

Im Rahmen unserer Vortragsreihe ZNP Praxisrunde wird Herr Rechtsanwalt Schleicher in einem Vortrag einen Überblick über die neuesten Entwicklungen in der Rechtsprechung zum Zweckentfremdungsrecht geben. Hierzu laden wir Sie

am 22. November 2017 (Eintreffen ab 17 Uhr – Vortragsbeginn um 17:30 Uhr)

herzlich in unsere Räumlichkeiten ein. Hintergrund ist eine vielbeachtete Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg, in der es die Verfassungsmäßigkeit von Teilen des Berliner Zweckentfremdungsverbotsgesetzes in Frage gestellt und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt hat. Auch das Verwaltungsgericht Berlin hat in Entscheidungen der jüngeren Zeit das Vorgehen der Bezirke wegen Zweckentfremdungen vermehrt beschränkt. Doch was bedeuten diese neuen Entwicklungen gerade auch im Hinblick auf die Bußgelder, die bei einer Zweckentfremdung drohen?

Im Anschluss an den Vortrag wird die Möglichkeit für Fragen und Austausch bestehen. Hierbei freuen wir uns besonders, den Architekten Herrn Blaschke begrüßen zu dürfen, mit dem wir bereits gemeinsam eine Reihe von zweckentfremdungsrechtlichen Problemen gelöst haben.

Über Ihr Kommen würden wir uns sehr freuen! Ihre Zusage richten Sie bitte bis zum 15. November 2017 gerne an Frau Plantade unter plantade[at]zn-partner.de oder unter 030 / 311 026 525.